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    Über die Bedeutung von Kommunikation in schulischen Belangen

    Veröffentlicht am 24.07.2017

    Gespräche sind wesentlicher, geradezu konstitutiver Bestandteil schulischen Alltags. Sie können Zugänge zum fachlichen sowie überfachlichen Lernen, daneben zu Schülerperspektiven eröffnen und ebenso verschließen. Gespräche können neugierig und nachdenklich stimmen, motivieren und Fragen aufwerfen, aber auch beschämen oder Ängste und Blockaden bei Schülern auslösen.

    Denn schulische Gespräche sind für gewöhnlich nicht nur öffentliche Gespräche, welche auf der „Klassenbühne“ stattfinden und von vielen Augen und Ohren verfolgt werden. Sie sind darüber hinaus Bestandteil von Leistungsrückmeldung und -bewertung. Schüler wissen, dass sie nicht frei sind in dem, was sie im schulischen Gespräch sagen und veröffentlichen. Die durch die Schulpflicht „zwangsgerahmte“ Schule provoziert bei Schülern und Lehrkräften Muster und Routinen, mit denen sie sich im schulischen Alltag bewähren, schützen und den schulischen Alltag letztendlich mitgestalten.

    Der Zusammenhang von professionellem, kommunikativem Lehrerhandeln und der Qualität von Schülerbeiträgen ist empirisch mehrfach belegt und führt zu der Frage, vor welchen Herausforderungen Lehrer mit der Gestaltung schulischer Gespräche stehen. Sprachliches Handeln ist flüchtig, situativ, nur bedingt planbar und erfordert im schulischen Kontext sowohl eine Ziel- als auch eine Prozessorientierung. Damit ist sprachliches Handeln für Lehrkräfte immer ein Handeln in Spannungsfeldern. Von ihnen werden curricular eingebettete und an fachlichen Kompetenzen orientierte Unterrichtsplanungen, zugleich aber auch eine an situativen Prozessen orientierte Handlungsflexibilität erwartet. Diese Spannung wird als Antinomie von Organisation und Interaktion bezeichnet. Sie ist eine von zahlreichen nicht auflösbaren Spannungsfeldern, welche den Beruf Lehrer ausmachen und im Schulalltag zu großen Herausforderungen führen. Die Auseinandersetzung mit Antinomien wird als Kern professionellen Lehrerhandelns angesehen. Die Organisation Schule schafft Strukturen, die regelhafte Routinen im Sinne automatisiert ablaufender Handlungsmuster bedingen. Auch Gespräche finden häufig nach festen, ritualisierten Abläufen statt. Die ritualisierte Organisation der Interaktion ermöglicht einerseits Transparenz, Vertrautheit und Routine, welche Sicherheit vermitteln kann. Andererseits provoziert gerade die organisierte Regelhaftigkeit auch Subsumierungen, Kategorisierungen und Stereotypisierungen, die dem situationsspezifischen Handeln von Schülern zu wenig Rechnung tragen. Die bildungspolitisch geforderte Orientierung an Kompetenzen und die Abkehr von kleinteiligen inhaltlichen Vorgaben über Lehrpläne ermöglicht einerseits eine stärkere Prozessorientierung, andererseits verstärken jedoch die zahlreichen Maßnahmen output-orientierter Steuerung eine „Top-Down-Logik“ (deduktive Logik), die dieser Perspektive auch entgegenwirkt. So wird zurecht kritisiert, dass ein ökonomisches, von Effizienz, Wettbewerb und Konkurrenz geprägtes Denken dem gemeinsamen Nachdenken und Fragenentwickeln im Unterrichtsgespräch entgegensteht. Zudem suggeriert dies die Erfassung sowie Entwicklung komplexer Denkprozesse über kleinteilig formulierte Teilkompetenzen. Lernen nimmt dagegen oft seinen Ausgang in der Schwierigkeit einer Sache, es hat responsiven (antwortenden) Charakter und löst im besten Fall gründliches Nachdenken, Sich-in-etwas-Versenken und Vertiefen aus und entfaltet seine Qualität im nicht vorherbestimmbaren Verlauf des Gesprächs.

    Verschiedene empirische Untersuchungen haben in den letzten Jahren zunehmend problematisiert, dass die Maxime, Unterricht zu öffnen und zu individualisieren, auch dazu geführt hat, die Sachbetrachtung der Selbstregulierung und Selbstständigkeit nachzuordnen. Die qualitativ empirische Analyse geöffneter Unterrichtssituationen macht sichtbar, dass Schüler in diesen Phasen vor allem lernen, Aufgabenkataloge abzuarbeiten und Materialien ordnungsgemäß zu verwalten. Der fachliche Diskurs zwischen Schülern oder Schülern und Lehrern findet (zu) wenig statt. Lehrende sind in diesen Phasen „Lernbegleiter“, die vor allem dazu beitragen, die zunehmende Selbstregulierung zu unterstützen. Unterschätzt wird die Bedeutung der gezielten und dosierten Lehrerintervention, die dazu beitragen kann, Bearbeitetes zu versprachlichen und das noch nicht „Ausdrückbare“ im gemeinsamen Gespräch zu entfalten. Miteinander im Gespräch Erklärungen zu suchen, Anschlussfragen zu entwickeln, Fachbegriffe anzubieten und Schülererklärungen aufeinander zu beziehen, erfordert eben auch eine lernende und offene Grundhaltung auf der Seite der Lehrenden. Damit Schüler sich auf eine anderen zugängliche und ihnen noch unbekannte Welt beziehen können, sind die Perspektiven der Mitschüler elementar, denn manchmal sind es gerade die Fragen der anderen, die erst die eigenen neuen Antwortmöglichkeiten hervorrufen. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung der so genannten Resonanzerfahrung im Dialog für die gemeinsame Entwicklung von Sinn im Gespräch hervorgehoben. Die Unterstützung und Leitung schulischer Gespräche hat in diesem Sinne mindestens vier Anforderungsebenen. Sie erfordert von Lehrenden zum einen, an die Lebenswelt der Schüler anzuschließen und mit ihnen gemeinsam relevante Themen auszuwählen; zum anderen ist die fachwissenschaftlich-fachdidaktische Expertise notwendig, um den Diskurs fachlich zu durchdringen und zu vertiefen; drittens ist eine auf den Gesprächsprozess fokussierte Handlungsflexibilität bedeutsam, die dazu beiträgt, dass aus vielen individuellen Äußerungen eine kollektive Bedeutungsaushandlung wird, in der die Schüler das bereits Gewusste im Gespräch überschreiten und Neues gelernt werden kann; und viertens ist für diesen Prozess eine forschende Haltung – die Haltung des Lehrers als Lernendem – bedeutsam. Übersehen wird in diesem Kontext häufig die Komplexität und Dynamik schulischer Gespräche, denn im Interaktionshandeln werden situative Bedeutungen ausgehandelt, die in einer spezifischen Situation in der Institution Schule entstehen und durch die Anwesenden hergestellt werden. Eine Fokussierung auf den Gesprächsprozess kann dazu beitragen, sensibel für die beteiligten Aktivitäten, Einflüsse und Dynamiken zu werden.

    Sophie: „Also, ich finde, überall ist Glück.“

    Sandra: „Ich finde, es ist nicht überall Glück, zum Beispiel auf einer Beerdigung, da ist kein Glück.“

    Sven: „Für manche Leute ist das schon Glück.“

    Michael: „Wie meinst Du denn das?“

    Paul: „Wie meinst du das?“

    Alle Kinder: „Ja, erklär uns, wie Du das meinst!“

    Mit der Frage, wie Schüler im Gespräch lernen, rückt die Prozessqualität von Lernen als Produkt einer interaktiven Aushandlung in den Mittelpunkt. So wird in diesem kleinen Gesprächsausschnitt deutlich, dass der interaktive Austausch an wechselseitiges Deuten und Interpretieren gebunden ist. Die kurze Sequenz über Glück zeigt, in welcher Weise sich die beteiligten Kinder darüber verständigen, wie sie das Gesagte und Gehörte verstehen. Lernen in der kollektiven Interaktion erfordert Verständigung und Verstehen. Verstehen wiederum macht das wechselseitige Herstellen von Anschlüssen und Bezügen im Gespräch notwendig. Im Beispiel teilt Sandra Sophies Überlegung nur bedingt und formuliert eine Ausnahme, indem sie die generalisierende Äußerung, „überall“ sei Glück, mit einem Gegenbeispiel ausdifferenziert. Sven greift Sandras Aussage auf und entwickelt einen Sonderfall; er verweist darauf, dass für „manche Leute“ eine Beerdigung durchaus Glück sei. Da er nicht näher ausführt, was er damit meint, provoziert er die erstaunten Nachfragen mehrerer Kinder, die nun eine genauere Erklärung von ihm fordern und seine Äußerung offensichtlich nicht nachvollziehen können. Lernprozesse können in diesem Sinne angestoßen werden, wenn im kollektiven Gespräch Neues, Unerwartetes und Irritierendes hervorgebracht wird. In diesem Beispiel ist es die Irritation und Neugier auslösende Äußerung von Sven, dass auch auf Beerdigungen Glück zu finden sei. Das ermöglicht, dass die Kinder nachfolgend eine Erklärung aushandeln, die zu neuen Erkenntnissen führt.

    Dieses Beispiel erläutert die eingangs aufgestellte Behauptung über die konstruktive Bedeutung von Gesprächen für den schulischen Alltag.

     

    Von Frederik Heckeroth, unserem Konrektor für Nachhilfe in Mannheim.

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