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    Eltern-Kind-Gespräche

    Veröffentlicht am 27.10.2022

    Es ist gerade Oktober. Bald beginnen die Herbstferien. Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken, der Schulstress steigt. In der Zeit zwischen Oktober und Dezember entsteht in vielen Familien eine immer stärker werdende Spannung und gleichzeitig hat man witterungsbedingt weniger Raum, um auszubrechen – man verbringt mehr Zeit im Haus oder in der engen Wohnung, weil es draußen dunkel oder kalt ist.

    Spätestens im Oktober beginnen aber auch wieder die Klassenarbeiten, Referate und Hausaufgaben. Die gleichen kleinen Streitigkeiten über die Spülmaschine, den Müll, Freizeitgestaltung, Taschengeld oder das Tischabräumen legen sich nicht mehr mit der gleichen Leichtigkeit wie noch vor zwei Monaten. Dafür ist jeder viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und latent gereizt. Öfter als uns lieb ist, erleben wir es, dass Eltern und auch Kinder aus einer „Fliege einen Elefanten“ machen. Und obwohl man selbst unglücklich darüber ist, wie man mit den aktuellen Konflikten umgeht, kann doch keiner so richtig aus seiner Haut heraus. Zu allem Überfluss kommt im Dezember noch ein weiterer Stresspunkt hinzu: Weihnachten. Jeder wünscht sich, an Weihnachten eine tolle Stimmung zu haben: Leckeres Essen, lustige Geschichten, tolle Geschenke – einfach eine ausgelassene Atmosphäre. Diese „schöne“ Weihnachtsstimmung zu erschaffen, ist allerdings eine Kunst für sich, wenn man daran denkt, wie die Zeit vor Weihnachten uns jedes Jahr wieder den Blutdruck steigen lässt.

    Wofür man nämlich viel zu wenig Zeit hat, ist, miteinander zu sprechen. Wirklich zu reden, in den Dialog zu gehen. Einen Eltern-Kind(er)-Dialog.

    Dialog, das Gespräch

    Was bedeutet das eigentlich, in den Dialog zu treten?

    Ein Dialog wird definiert als ein „Gespräch, das zwischen zwei Interessengruppen geführt wird, […] mit Rede und Gegenrede, [um den] gegenseitigen Standpunkt“ kennenzulernen (Duden)[1]. Rede und Gegenrede. Das bedeutet, dass sich beide Parteien Zeit nehmen, erstens um ihre Perspektive zu teilen und zweitens, um dem anderen zuzuhören.

    Wenn man das liest, merken sicherlich einige: Wir treten zu Hause eigentlich recht selten in den Dialog mit unseren Kindern. Aus Zeitnot wird häufig einfach nur ein „Machtwort“ gesprochen und gehofft, dass sich damit die Angelegenheit geklärt hat. Man merkt allerdings in der Regel selbst, dass sich die Angelegenheit nicht geklärt hat, sondern sie quasi nur in den Hintergrund geschoben wurde, wo sie aber weiter als Konfliktpunkt präsent ist.

    Verlierer – Gewinner

    Manchmal ist es aber gar nicht die fehlende Zeit, die uns das „Machtwort“ wählen lässt, sondern einfach ein „schlechter Tag“. Man möchte sich für den Moment nicht intensiv mit den Bedürfnissen anderen beschäftigen. Das Machtwort gibt uns für den Moment das Gefühl, wenigstens eine Situation an diesem Tag zu kontrollieren – „Macht“ zu haben und sich nicht machtlos zu fühlen. In der Streitschlichtung spricht man in solchen Kontexten von den Siegern und Verlierern eines Konflikts. In dem oben beschriebenen Fall wäre der Vater/die Mutter der Sieger, das Kind der Verlierer. Kein Konflikt klärt sich allerdings, solange es Verlierer und Gewinner gibt.

    Dieser Blogbeitrag soll dafür sensibilisieren, dass es einen anderen Weg gibt, um Konflikte anzugehen und die Sicht darauf, wie man es hinbekommt, dass es auch in der Eltern-Kind-Beziehung zwei Gewinner geben kann, zu ermöglichen.[2]

    Ein anderer Mensch – ein anderes Verständnis

    Sie kennen sicherlich diese typischen optischen Täuschungsbilder. Die Zeichnung „Meine Frau und meine Schwiegermutter“ von William Ely Hill [3] aus dem Jahr 1915 ist so eine optische Täuschung. Wen sehen Sie zuerst in der Zeichnung? Die alte oder die junge Dame? Fragen Sie mal Ihre Familienmitglieder. Sie werden staunen: Nicht jeder wird das gleiche sehen wie Sie und erst nach kurzer Anstrengung in der Lage sein, nicht mehr nur die junge bzw. alte Dame zu sehen, sondern beide.

    Es handelt sich bei diesem Beispiel nur um eine einfache Zeichnung und dennoch ist der Lehrgehalt des Bildes gewaltig: Wir alle haben eine andere Wahrnehmung von dem, was wir sehen, von dem, was um uns herum geschieht. Diese Erkenntnis ist grundlegend für einen erfolgreichen Eltern-Kind-Dialog.

    Regeln für Gespräche zu Hause

    Aufbauend auf dieser Erkenntnis hat Johannes Schopp[4] in seinem Werk „Eltern stärken: Die dialogische Haltung in Seminar und Beratung. Ein Leitfaden für die Praxis“ 2013 einen Regelkatalog veröffentlicht, der allen, nicht nur Eltern, hilft, Gespräche erfolgreich zu führen. Im Anschluss möchte ich Ihnen die Regeln einerseits im Kontext näherbringen und andererseits in eine für mich sinnvolle Reihenfolge bringen.

    1. Ich mache mir bewusst, dass meine „Wirklichkeit“ nur ein Teil des Ganzen ist. – Täuschungsbilder sind nur ein Weg, um uns ganz plakativ zu zeigen, dass wir alle eine sehr subjektive Wahrnehmung unserer Welt haben. Die Übung „Durchs Fenster schauen“ ist ebenso eine großartige Möglichkeit, um zu erfahren, dass wir alles durch einen anderen Filter wahrnehmen: Schauen Sie mit Ihren Kindern einmal durch das Fenster eines Kaufhauses auf die Straße. Nach zwei Minuten schreibt jeder auf, was er während der vergangenen zwei Minuten gesehen hat. Ich verspreche Ihnen, die Ergebnisse könnten nicht unterschiedlicher sein.
    2. Jede/jeder genießt den gleichen Respekt. – glücklicherweise sind Eltern und Kinder meist mit einer tiefen Verbundenheit gesegnet, die es beiden Parteien häufig leichter macht, sich gegenseitig zu respektieren.
    3. Ich rede von Herzen und fasse mich kurz. – Sprich, ich bleibe bei mir. Spreche aus meiner Sicht und spreche das an, was mich wirklich bewegt. Allerdings nicht ausufernd, sondern konkret und auf den Punkt gebracht, damit der andere folgen kann.
    4. Wenn ich von mir rede, benutze ich das Wort „Ich“ und spreche nicht von „man“. – Diese Regel schließt an die vorangegangene an. Hier geht es um „dich“, also stehe auch zu dir und sage, was „dich“ bewegt.
    5. Ich genieße das Zuhören. – wenn wir nur immer aktiv zuhören würden … . Wir würden sehr viel über unsere Mitmenschen erfahren. Dafür muss man sich allerdings komplett auf das Gespräch einlassen, keine What’s App-Nachricht daneben lesen, auf die Uhr schauen oder den Tag morgen im Kopf planen. Aktives Zuhören ist noch viel mehr als hier Platz ist, um es im Detail zu erklären. Genießt man das Zuhören und freut sich über die neuen Erkenntnisse über sein Gegenüber, sind die folgenden Regeln gar nicht mehr schwer.
    6. Ich vertraue mich neuen Sichtweisen an. – Durch ein aktives Zuhören gewinnt man eine Offenheit, die nahezu natürlich darin mündet, dass man neue Sichtweisen annehmen kann und diese eventuell sogar schließlich übernimmt.
    7. Ich nehme Unterschiedlichkeit als Reichtum wahr. – Durch die gewonnene Offenheit wiederum erkennt man fast automatisch, dass andere Blickwinkel inspirierend, Augen öffnend und Schutz bietend sein können.
    8. Ich brauche niemanden von meiner Sichtweise zu überzeugen. – Diese Regel ergibt sich wiederum aus der vorausgegangenen. Wenn ich Unterschiedlichkeit schätzen gelernt habe, ist der Drang, seine eigene Sichtweise anderen aufzudrücken viel kleiner. Diese Regel ist jedoch auch aus einem anderen Grund zentral: Ein Dialog ist kein Anweisungsgespräch. Es geht nicht darum, dass die Eltern sagen, was das Kind zu tun oder zu lassen hat. Es ist ein Gespräch auf Augenhöhe, bei dem es gilt, einander sowie auch die unterschiedlichen Sichtweisen zu akzeptieren und diese als Ausgangspunkt für eine gemeinsame Konfliktlösung anzuerkennen.
    9. Ich verzichte darauf (m)eine Lösung über den Lösungsweg meines Gegenübers zu stellen. – Das Wort „gemeinsam“ ist der Schlüssel zum Ziel. Nicht der eine gibt vor und der andere macht nach. Sonst werden wir nie aus der Gewinner-Verlierer-Spirale herauskommen.
    10. Bevor ich rede, gestatte ich mir einen Atemzug Pause. – Diese ist die Letzte der zehn Regeln und auch diejenige, die direkt zum Gespräch hinüberleitet. Denn diese kurze Pause erlaubt es mir nicht nur vor dem Gespräch, meine Gedanken zu ordnen, sondern mich noch einmal auf die nun bekannten Regeln zu besinnen. Sie hilft Ihnen, das folgende Gespräch zu führen, so dass alle Beteiligten als „Gewinner“ herausgehen.

    Wir haben immer noch Oktober, der Stress bis Weihnachten wird voraussichtlich wie jedes Jahr steigen. Ich hoffe aber, dass dieser Blogbeitrag Ihnen eine Stütze ist auf Ihrem Weg zu einem besinnlichen – und – ausgelassenen Weihnachtsfest.

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    [1] Duden online. Internet: https://www.duden.de/rechtschreibung/Dialog (28.09.2022)

    [2] Z.B.: Krenner, Andreas: Peer-Mediation. Konfliktregelung und Streitschlichtung in der Schule. Diplomica Verlag

    [3] William Ely Hill, Wikimedia Commons, 1915

    [4] Schopp, Johannes (2013: Eltern stärken. Die dialogische Haltung in Seminar und Beratung. Ein Leitfaden für die Praxis. Opladen: 222.