Zu hoher Medienkonsum: Risiken für Kinder und Jugendliche
Veröffentlicht am 20.01.2023
Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit vor Fernsehgeräten, Computern, Spielekonsolen und Handys. Neben den negativen Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit sind auch negative Effekte auf die Sprach- und Rechtschreibschreibentwicklung sowie die soziale Entwicklung nicht mehr von der Hand zu weisen. Schlagwörter wie Medienkompetenz und Medienführerschein befassen sich zwar mit dem Umgang mit Medien an sich, jedoch nicht tiefergehend mit den Risiken übermäßigen Medienkonsums.
Moderne Medien gehören heutzutage zum Alltag der meisten Kinder und Jugendlichen. Sie erleichtern in hohem Maß die Kommunikation in Schule, Beruf und Freizeit. Gerade in Zeiten des Homeschoolings und der häuslichen Vereinsamung während der Corona-Pandemie waren sie oft die einzige Möglichkeit, mit Verwandten und Freunden regelmäßig in Kontakt zu treten. Die Tendenz zur übermäßigen Nutzung von Medien setzte sich jedoch auch nach Beendigung des Homeschoolings weiter fort, reale Kontakte blieben eingeschränkt und das virtuelle Leben nahm einen immer größeren Platz im Leben junger Menschen ein.
Aus dem Thema Medienkonsum bei Kindern und Jugendlichen ergeben sich drei wesentliche Fragen.
- Was sind die Auswirkungen von zu hohem Medienkonsum und welche Risiken ergeben sich aus der Nutzung moderner Kommunikationsmittel?
- Wie viel Medienkonsum ist für Kinder und Jugendliche sinnvoll?
- Was können Eltern tun, um den Medienkonsum zu regulieren und vor Gefahren zu schützen?
Auswirkungen übermäßigen Medienkonsums auf Kinder- und Jugendliche
Das deutsche Ärzteblatt warnte bereits im Jahr 2007 vor den Risiken für Psyche und Körper, wenn Kinder und Jugendliche zu viel Zeit vor Fernsehgeräten, Computern, Spielekonsolen und Smartphones verbringen (vgl. Dtsch Arztebl 2007; 104(38): A-2560 / B-2262 / C-2194). Aber auch Krankenkassen beschäftigen sich seit langem mit den gesundheitlichen Auswirkungen, wenn Heranwachsende zu viel Zeit vor den Bildschirmen verbringen.
Aus Sicht von die hauslehrer® sind folgende gesundheitliche und soziale Risiken besonders hervorzuheben:
- Heranwachsende mit zu viel Medienkonsum neigen zu Bewegungsmangel, was unter anderem negative Auswirkungen auf die motorische und feinmotorische Entwicklung haben kann. Auch gesundheitsgefährdendes Übergewicht, Rückenprobleme und Haltungsschäden können eine Folge sein.
- Bei übermäßigem Medienkonsum, besonders in den Abend- und Nachtstunden, können Schülerinnen und Schüler dazu neigen
- einer Veränderung ihres Tagesrhythmus
- Minderschlaf bis hin zur Schlaflosigkeit
- zunehmender Morgenmüdigkeit und morgendlicher Antriebslosigkeit
- Verschiebung der „Konzentrationskurve“ in den späten Nachmittag oder in die Abend- und Nachtstunden
- Konzentrationsproblemen in der Schulzeit, beim Lernen und bei den Hausaufgaben
- Heranwachsende, die zu viel jugendsprachliche Abkürzungen und Rechtschreibprogramme nutzen oder vorrangig mit Smileys sowie Satz- und Wortfetzen kommunizieren, haben oft Probleme, eine altersgerechte Sprach- und Schreibkompetenz zu entwickeln.
- Kinder und Jugendliche, die aufgrund vermehrter Medienzeiten nicht mehr an anderen (Gruppen-) Freizeitaktivitäten teilnehmen und den realen Freundeskreis vernachlässigen, neigen dazu, sich abzukapseln, was zwangsläufig zu Kontakt- und Entwicklungsstörungen führt.
- Zu viel Internetnutzung oder im Speziellen zu viel virtuelle Kommunikation erhöht natürlich auch das Risiko
- Opfer von Cybermobbing, Erpressern oder Betrügern zu werden,
- ungewollt auf pornografische oder gewalttätige Inhalte zu stoßen,
- ungefiltert Fake-Meldungen, Verschwörungstheorien und extremistische oder rassistische Inhalte zu konsumieren.
- Medien haben Suchtpotential: Neueste Zahlen gehen davon aus, dass von einer Mediensucht etwa 3 Prozent der männlichen und etwa 0,3 Prozent der weiblichen Jugendlichen betroffen sind. Die Auswirkungen auf Körper, Psyche und soziale Entwicklung sind bei einer Sucht noch gravierender.
Bildschirmzeiten für Kinder und Jugendliche
Bei Schülerinnen und Schülern ist es nicht ganz einfach, maximale Bildschirmzeiten festzulegen, da das Nutzungsverhalten unter anderem von schulbedingten Computerzeiten abhängt.
Für sozial- und freizeitorientierte Bildschirmzeiten können folgende Richtwerte ein sinnvoller Anhaltspunkt sein.
- Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren:
möglichst keine Bildschirmmedien
- Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren:
maximal 30 Minuten täglich
- Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren:
maximal 45 bis 60 Minuten täglich
- Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren:
1 Stunde pro Tag bzw. 7 Stunden pro Woche
- Kinder im Alter von 13 bis 14 Jahren:
1,5 Stunden pro Tag bzw. 10,5 Stunden pro Woche
- Jugendliche im Alter von 15 bis 16 Jahren:
2 Stunden pro Tag bzw. 14 Stunden pro Woche bis 2,5 Stunden bzw. 17,5 Stunden pro Woche
Unterstützung der Eltern ist gefragt
Klare Regelungen zu Medienzeiten
Eltern sollten darauf achten, dass aufgestellte Regeln, besser noch gemeinsam abgesprochene Medienzeiten eingehalten werden. Ein gestellter Wecker oder eine Eieruhr sind hier kleine, aber sinnvolle Helfer. Übergangsweise können auch technische Hilfsmittel wie Zeitbegrenzungen im Internetrouter, dem PC, dem Smartphone oder der Spielekonsole zum Einsatz kommen. Mit Beginn der Pubertät sollten die Jugendlichen jedoch eigenverantwortlich sowohl mit den Freiheiten als auch den (zeitlichen) Grenzen des Medienkonsums umgehen können.
Auf Anzeichen achten, Interesse zeigen und das Gespräch suchen
Eltern, welche darauf achten,
- was ihre Kinder mit Ihrem Smartphone, dem PC oder der Spielekonsole machen,
- welche Themen sie mögen,
- welche Seiten sie besuchen,
- welche Spiele sie spielen,
- auf welchen Portalen sie chatten,
haben die Möglichkeit, rechtzeitig über Risiken und Möglichkeiten das Gespräch zu suchen. Eltern sollten hierbei aber nicht Interesse mit Kontrolle verwechseln.
Gemeinsames Ausprobieren von Spielen und Apps oder gemeinsames Anschauen der Beiträge von Internetstars bietet Eltern die Chance, Sinn und Inhalte kritisch zu hinterfragen und mit ihren Kindern zu besprechen. Eltern sollten dabei nicht von ihrer Jugend und ihren früheren Interessen ausgehen, sondern vielmehr eine offene Diskussion mit ihren Kindern suchen.
Ausreichend Gesprächsstoff bietet nicht nur der Inhalt der Mediennutzung und die Dauer der Medienzeit, sondern auch, warum ihre Kinder zu lange vor dem Bildschirm sitzen. Es ist ein grundsätzlicher Unterschied, ob Kinder und Jugendliche sich die Langeweile vertreiben wollen oder sich über aktuelle Themen informieren oder mit entfernteren Freunden chatten möchten.
Alltagsroutinen schaffen
Eltern sollten mit ihren Kindern klare Verhaltensregeln im Umgang mit festen und mobilen Bildschirmgeräten festlegen. Beim Essen, bei gemeinsamer Familienzeit, im Schulunterricht sowie beim Lernen und bei den Hausaufgaben müssen Smartphone und Co. ausgeschaltet oder weggepackt werden.
Zur Gewohnheit können es sich alle Familienmitglieder machen, dass verschiedene Medien nicht gleichzeitig genutzt werden. Zum Beispiel beim Filme schauen und beim Spielen mit der Konsole gehört das Handy weggelegt.
Zu einer sinnvollen Routine gehört auch, dass Kinder- und Jugendliche erst Medienzeiten erhalten, wenn die Hausaufgaben fertig sind, für die Schule gelernt wurde und die häuslichen Aufgaben erledigt sind.
Eine der wichtigsten Vorgaben ist aber, Abschaltzeiten für Medien zu vereinbaren, wenn am nächsten Tag Schule ist.
Gerade bei Kindern helfen auch medienfreie Tage, bei denen die ganze Familie auf Spielekonsole, Computer oder das Spielen und Surfen mit dem Smartphone verzichtet.
Alternativen aufzeigen
Für Heranwachsende ist es wichtig, abwechslungsreiche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung kennenzulernen und die Mediennutzung aus Langeweile nicht als Freizeitbeschäftigung anzusehen. Alternativen in der realen Welt gibt es genug. Ob Sport treiben in einem Verein, sich in einer Jugendgemeinschaft engagieren, im Chor singen oder ein Instrument spielen, es gibt genug Wahlmöglichkeiten. Eltern sollten ihre Kinder darin bestärken und sie unterstützen, regelmäßig einem oder mehreren Hobbys nachzugehen.
Als Vorbild vorangehen
Eltern haben eine enorme Vorbildwirkung, gerade wenn es um die Mediennutzung geht. Das eigene Medienverhalten zu hinterfragen, hilft dabei, die eigenen Onlinezeiten zu reduzieren. Eltern können ihren Kindern nicht nur bei Alternativbeschäftigungen ein Vorbild sein, sondern auch zeigen, dass niemand rund um die Uhr erreichbar sein muss. Ein Medien-Fasten-Tag ist eine sehr gute Möglichkeit, mit den eigenen Kindern intensiv Zeit zu verbringen und andere Interessen in den Vordergrund zu rücken.
Hilfe aufsuchen
Eltern, die beobachten, dass ihre Kinder die Hausaufgaben, das Lernen, den Freundeskreis, Hobbys und die häuslichen Aufgaben vernachlässigen, um Zeit im Internet, am Handy oder mit der Spielekonsole zu verbringen, sollten sich bei den regionalen Sucht- oder Erziehungsberatungsstellen Hilfe suchen.
Fazit
Moderne Medien pauschal zu verteufeln, ist nicht der richtige Ansatz. Zahlreiche Angebote im Internet bieten Kindern und Jugendlichen die Chance, sich zu informieren und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Medien können die Kreativität fördern, das eigene Wissen bereichern, beim Lernen helfen und bieten Kommunikationsmöglichkeiten mit Gleichgesinnten rund um die Welt. Aber auch hier gilt genau wie bei Arznei oder Süßigkeiten, die Dosis ist entscheidend.
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Zum KontaktformularQuellen:
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Medienzeiten festlegen – Worauf müssen Eltern achten?, https://www.ins-netz-gehen.info/eltern/beratung-und-informationen-zur-mediennutzung/zeitlimit-handy/, abgerufen am 14.08.2022
- hkk-Gesundheitsredaktion, Handelskrankenkasse: Kinder: zu viel Medienkonsum schadet, https://dock.hkk.de/familie/kinder-zu-viel-medienkonsum-schadet, abgerufen am 10.08.2022
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Digitale Medien mit Augenmaß nutzen, https://www.bzga.de/aktuelles/2019-12-03-digitale-medien-mit-augenmass-nutzen/, abgerufen am 12.08.2022
- Andreas van Egmond-Fröhlich, Thomas Mößle, Sabine Ahrens-Eipper, Gerhard Schmid-Ott, Rolf Hüllinghorst und Petra Warschburger: Übermäßiger Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen: Risiken für Psyche und Körper, erschienen Deutsches Ärzteblatt 2007; 104(38): A-2560 / B-2262 / C-2194, https://www.aerzteblatt.de/archiv/56968/Uebermaessiger-Medienkonsum-von-Kindern-und-Jugendlichen-Risiken-fuer-Psyche-und-Koerper, abgerufen am 10.08.2022