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    Rechenstörungen – ein nicht seltenes Phänomen bei Kindern

    Veröffentlicht am 12.02.2017

    Das Unterrichten von Schülern und auch Studierenden führt mich immer wieder zu einem Facettenreichtum an Lernschwierigkeiten. Insbesondere Rechenstörungen bei Kindern erscheinen Eltern und Lehrern erfahrungsgemäß häufig rätselhaft. Den Kindern ist es schwer oder gar nicht möglich, einfache arithmetische Begriffe zu verstehen oder simple Aufgaben zu lösen.

    Oftmals stehen diese schlechten mathematischen Leistungen in starkem Gegensatz zu einer davon abgesehen guten Auffassungsgabe und soliden Leistungen in anderen Schulfächern. Ähnlich der Lese-Rechtschreib-Störung (LRS), handelt es sich bei rechnerischen Störungen um eine spezifische Lernschwierigkeit. Rechenstörungen und Lese-Rechtschreib-Störungen weisen zwar unterschiedliche Ursachen und Erscheinungsbilder auf, dennoch existieren viele Schnittmengen und ein gemeinsames Auftreten kommt nicht selten vor. Innerhalb der letzten Jahre hat sich das Wissen über die spezifischen schulischen Lernbeeinträchtigungen beträchtlich erweitert. Zudem werden für die anstehenden Revisionen der internationalen Klassifikationssysteme (ICD-10 und DSM-IV) tief greifende Veränderungen erwartet. Den unterschiedlichen Verordnungen der Bundesländer ist zu entnehmen, dass die Maßnahmen zur Förderung von Kindern mit spezifischen Lernbeeinträchtigungen (beispielsweise Möglichkeiten zum Nachteilsausgleich) für LRS und Rechenschwierigkeiten mittlerweile gemeinsam behandelt werden. Nichtsdestoweniger sind diese Regelungen vielerorts unzureichend und stellen gelegentlich kuriose Fälle dar, zum Beispiel bei Inanspruchnahme von entsprechenden Fördermaßnahmen, welche unabhängig vom Verlauf mit Ende der Grundschulzeit auslaufen. An diesen Stellen ist bildungspolitisch Nachholbedarf gegeben.

    Rechenstörungen sind kein homogenes Phänomen. Sie treten sehr verschiedenartig in Erscheinung. Darum existieren auch keine einfachen, immer zutreffenden Erklärungen und Konzepte. Rechnen stellt eine hochkomplexe kognitive Tätigkeit dar. Diese besteht aus unzähligen Einzelschritten. Anders als lange Zeit gedacht, treten Rechenstörungen recht häufig auf und zwar genauso häufig wie Lese-Rechtschreib-Störungen. Forschungsergebnisse zeigen, dass etwa sechs Prozent der Grundschüler beim Rechnenlernen Probleme haben, welche eine derartige Diagnose zulassen.[1] Statistisch gesehen bedeutet dies, dass in jeder Schulklasse mindestens ein Kind von Rechenstörungen betroffen ist. Folglich sind die daraus für den alltäglichen Unterricht resultierenden Probleme auf Seiten der Eltern, der Mitschüler und Lehrer nicht zu unterschätzen.

    Die modernen Neurowissenschaften haben dazu beigetragen, dass zahlreiche Erkenntnisse und Theorien aus den psychologischen und pädagogischen Disziplinen bestätigt und weiterentwickelt werden konnten. Insbesondere durch die Methoden der funktionellen Bildgebung ist es heute möglich, die Funktionsweise des Denkens, des Gedächtnisses und der Gefühle buchstäblich sichtbar zu machen. Der Begriff der „erfahrungsabhängigen Neuroplastizität“ verkörpert die Einsicht, dass sich jedes Gehirn aus den persönlichen biografischen Erfahrungen sozusagen selbst erschafft. Darunter ist zu verstehen, dass es sich in Anpassung an das, was für das Individuum bedeutsam und lebenswichtig ist, selbst organisiert. Nervenzellen reifen in den verschiedenen Regionen des Kortex zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit divergierender Geschwindigkeit. Daraus ergeben sich so genannte sensible Phasen mit erhöhter neuronaler Plastizität, in denen bestimmte Funktionen besonders leicht gelernt oder aber – bei ungünstigen Bedingungen – in ihrer Entfaltung behindert werden können. Erkenntnisse dieser Art erlauben Rückschlüsse auf die Merkmale einer förderlichen oder aber behindernden Lernumgebung für die Entwicklung bestimmter Fähigkeiten.

    Die gründliche Untersuchung von Patienten mit umschriebenen Hirnschädigungen und Funktionsausfällen hat zu einem besseren Verständnis komplexer geistiger Tätigkeiten wie dem Rechnen beigetragen. Früher war Konsens, dass der Umgang mit Zahlen eine einheitliche, in einem singulären Rechenzentrum vermittelte Fähigkeit sei. Heute jedoch liegt die Erkenntnis vor, dass die Fähigkeit, mit Zahlen umzugehen aus vielen Komponenten besteht, die in verschiedenen Regionen des Gehirns koordiniert werden. Je besser das Verständnis der Verarbeitungs- und Organisationsmechanismen bei schulischen Lernaufgaben heranreift, desto leichter dürfte es der Lehrkraft und allen anderen Beteiligten fallen, eine angemessene Vorstellung darüber zu entwickeln, was sich im Kopf des Betroffenen bei Rechenstörungen vollzieht und desto besser sind auch die Möglichkeiten, individuell angepasste Lernmittel und -hilfen zu schaffen und bereitzustellen.